Maschinenbau: China verschärft den globalen Wettbewerb

Der globale Wettbewerb im Maschinenbau werde sich in den kommenden Jahren drastisch verschärfen, warnen die Analysten der internationalen Managementberatung Oliver Wyman. Der Grund: Die Umstrukturierung der chinesischen Wirtschaft im Rahmen des neuen Fünfjahresplans übt künf­tig einen hohen Exportdruck auf die chinesischen Maschi­nen­bauer aus, dem sie nur gerecht werden können, wenn sie sich mittelfristig in den Schwellenländern massiv engagieren.

Damit treten sie aber in eine verschärfte Konkurrenz zu den deutschen Maschinenbauern. Diese müssen deshalb frühzeitig ihre Geschäftsmodelle an die steigende Wettbewerbs­intensität anpassen, so die Analysten.

China hat in den vergangenen zehn Jahren massiv an Bedeutung gewonnen und Deutschland als stärkste Maschinenbaunation von Platz eins verdrängt. Das Wachstum der chinesischen Maschinenbauunternehmen gründete bislang allerdings vor allem auf einer – staatlich gesteuerten – Binnennachfrage. Den staatlichen Plänen entsprechend wurden vor allem Ausrüster für Schlüsselindustrien wie Bau und Bergbau, Stahl, Infrastruktur, Automobil und Textil gefördert. Der Außenhandel stand hingegen kaum im Fokus der chinesischen Maschinenbauer.

Dennoch gibt es Beispiele für erfolgreiche Exportstrategien. Segmente wie Armaturen, Industrieöfen und Lufttechnik profitierten zuletzt von über 40 % hohen Exportanteilen. In einigen Sektoren explodierten die Exportquoten in den letzten Jahren förmlich: Bei Radladern stieg der Exportanteil von 2007 bis 2009 von 9,1 auf 16,4 Prozent. Insgesamt beläuft sich der Anteil der in China produzierten Maschinen und Anlagen am weltweiten Exportvolumen heute auf mehr als 10 %. Im Jahr 2001 waren es gerade einmal 2 %.

Der jetzt verabschiedete neue Fünfjahresplan führt zu gravierenden Veränderungen der chinesischen Wirtschaftsstruktur. Er stärkt den Binnenkonsum und stellt den Ausbau der Infrastruktur sowie erneuerbare Energien als neue ökonomische Wachstumstreiber in den Mittelpunkt. Damit verbunden ist eine leichte Verlangsamung des geplanten Wirtschaftswachstums von 7,5 auf 7 %.

Die bisherige Förderung für den Maschinen- und Anlagenbau wird daher nicht nur zurückgefahren – vielmehr wird in Segmenten mit vorhandenen Überkapazitäten wie Automotive, Maschinen- und Stahlbau von staatlicher Seite eine Konsolidierung angestrebt, aus der einige wenige, international wettbewerbsfähige, National Champions hervorgehen werden. Danach könnte beispielsweise ein chinesischer Werkzeugmaschinenhersteller wie die Shenyang Group mit heute 1,3 Milliarden Euro Umsatz durch internes Wachstum, Übernahmen und Beteiligungen zu einem hochprofitablen Unternehmen mit bis zu fünf Milliarden Euro heranreifen.

Insgesamt wird sich die Wachstumsrate im chinesischen Maschinenbaumarkt zwar fast halbieren, mit knapp 13 % aber dennoch weiterhin zweistellig, und damit überproportional ausfallen. Schätzungen zufolge wird sich das Produktionsvolumen bis 2015 von 343 Milliarden Euro im Jahr 2009 auf dann 696 Milliarden erhöhen. „Dieser Anstieg wird allerdings nur durch nachhaltige Exporterfolge chinesischer Maschinenbauer möglich sein“, warnt Tobias Sitte, Associate Partner bei Oliver Wyman. „Denn mit der Binnennachfrage allein lässt sich dieses Wachstum nicht mehr erreichen.“

Zunächst werden nach Meinung der Wyman-Analysten die Chinesen die Schwellenländer verstärkt ins Visier nehmen und mittelfristig auch in die Triademärkte USA, Japan und Europa drängen. Ähnlich wie bei der japanischen Großoffensive in den 1980er-Jahren ist die Gefahr groß, dass die chinesischen Maschinenbauer in den nächsten Jahren deutlich Weltmarktanteile gewinnen werden. Zumal sie das Geschäft der Firmenfusionen und -übernahmen (M&A) deutlich aggressiver betreiben als die Japaner. Prominente Beispiele sind die Beteiligungen von Jiangsu Jinsheng Industry an Emag, von AVIC International an KHD Humboldt Wedag und von Shanghai Electric an Goss International.

„Wir werden künftig mehr Akquisitionen erleben“, glaubt Thomas Kautzsch, Partner bei Oliver Wyman. Insgesamt werde sich der Wettbewerb im Maschinenbau weltweit drastisch verschärfen. Eine Berechnung von Oliver Wyman ergibt, dass die zehn größten chinesischen Maschinenbauer spätestens 2014 ihre deutschen Wettbewerber beim Umsatz überholt haben.

Die Wyman-Experten appellieren an den deutschen Maschinenbau, die Unternehmen sollten genau analysieren, inwieweit sie von dem sich verlangsamenden Wachstum in China und der Exportoffensive der Volksrepublik betroffen sind. Das Bild werde für jedes Unternehmen sehr unterschiedlich ausfallen.

Um zu beurteilen, wie groß die Gefährdung und damit die Notwendigkeit einer Anpassung des Geschäftsmodells ist, sollten drei zentrale Fragen beantwortet werden:

  • Wie stark ist das Unternehmen dem Wettbewerb mit chinesischen Playern ausgesetzt und wie groß sind die Anteile in Volumen- und Nischenmärkten?
  • Ist eine dauerhafte Differenzierung möglich, die durch Innovationen und Lösungsangebote strategisch kontrolliert werden kann?
  • Sollte sich das Unternehmen auf Kundensegmente im Heimatmarkt zurückziehen oder stärker mit global einheitlichen Produkten auf den Weltmarkt drängen?

„Für deutsche Maschinenbauer ist es jetzt an der Zeit zu handeln“, so Kautzsch. „Wenn sie die Wachstumschancen im verschärften Wettbewerb konsequent nutzen, können sie nachhaltig profitieren.“

(Oliver Wyman / ml)