Fachkräfte-Einwanderung: Deutsche zu abweisend, Deutsch zu schwer

Deutschland braucht kluge Köpfe aus dem Ausland. Aber nur wenige kommen. Warum das so ist? Der Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) stellte diese Frage seinen Auslandshandelskammern (AHKs). Fazit: Trotz guter Bildungsangebote, Infra­struk­tur und Lebensqualität gilt Deutschland bei ausländischen Fachkräften und Stu­den­ten nur als mäßig attraktiv. Vor allem, weil sie die Ablehnung der Deutschen fürchten und lieber englisch oder französisch reden, als kompliziertes Deutsch zu lernen.

„Auch in anderen Ländern sind gute Mitarbeiter knapp, und wir müssen uns sehr anstrengen, wenn wir im Wettbewerb um die besten Köpfe aus aller Welt mithalten wollen.“ Mit diesem Satz umreißt DIHK-Präsident Hans Heinrich Driftmann ein Problem, das schon in wenigen Jahren alle anderen Probleme der deutschen Betriebe in den Schatten stellen könnte, denn noch kostbarer und unersetzbarer als Kapital und seltene Rohstoffe sind für ein Hightechland wie Deutschland kluge Köpfe. Und Deutschland droht ein extremer Fachkräftemangel.

Aber gerade diesen Rohstoff Mensch kann man nicht einfach nach Belieben mit Geld kaufen. Da muss auch der Rest stimmen. Aber gerade mit diesem „Rest“ steht es nicht zum Besten. „Unsere AHK-Umfrage bestätigt, dass eine größere gesellschaftliche Offenheit gegenüber Fachkräften aus dem Ausland unbedingt notwendig ist“, mahnt Driftmann und erzählt, dass beispielsweise qualifizierte junge Türken einen Deutschlandaufenthalt oft nicht in Betracht zögen, weil sie das Gefühl haben, in Deutschland „nicht willkommen zu sein“.

Es fehle zudem an Unterstützung seitens der Hochschulen bei organisatorischen Fragen, so zum Beispiel der Suche ausländischer Studenten nach Unterkunftsmöglichkeiten – auch das im Gegensatz zu anderen Ländern. Statt leicht werde in Deutschland alles zunächst einmal schwer und kompliziert gemacht, beklagt unter anderem die AHK Indien.

Deutschland müsse durch eine Reihe von Sofortmaßnahmen seine Attraktivität für qualifizierte Zuwanderer verbessern, fordert daher der DIHK-Präsident an die Adresse der Politik. Dazu gehörten: die Aussetzung der Vorrangprüfung, eine Absenkung der Einkommensgrenze für Hochqualifizierte auf 40.000 Euro, bessere Sprachangebote, Orientierungshilfen im Land sowie eine bessere Anerkennung ausländischer Abschlüsse.

„Viel Herz statt kalte Schulter“ müsse das Motto sein, so Driftmann. „Wir sollten uns über jeden gut ausgebildeten Ausländer freuen, der zu uns kommen möchte, und im Ausland viel professioneller für Deutschland als Arbeits- und Studienort werben.“

Das größte Problem für ausländische Fachkräfte wird jedoch in der deutschen Sprache gesehen. Auch das ein Ergebnis der AHK-Umfrage. Fachkräfte bevorzugen deshalb häufig den Weg in englischsprachige Länder. Verheerend haben sich in diesem Zusammenhang die Sparmaßnahmen bei der Förderung der deutschen Sprache im Ausland ausgewirkt, darunter die Schließung von Goethe-Instituten oder die Mittelkürzung für deutsche Auslandsschulen.

Komplizierte Gesetze und Antragsverfahren, unterschiedliche Ansprechpartner zur Erlangung von Aufenthalts- und Arbeitserlaubnissen sieht jede zweite AHK als Hürde für Zuwanderung an. Problematisch sei auch der Mitzug von Familien. Viele AHKs geben an, man wünsche sich für Deutschland insgesamt ein klares Regelwerk zur Zuwanderung, und verweisen dabei auf Länder wie Kanada, Australien oder Neuseeland.

Ein schlüssiges Gesamtkonzept für die Einwanderung von Fachkräften müsse deshalb her, appelliert Driftmann an die Politik, und zwar eines, das unabhängig vom Herkunftsland geeigneter Immigranten ist und sich an erfolgreichen internationalen Vorbildern orientiert.

Die wesentlichen Ergebnisse der Umfrage stehen als kostenloser Download online zur Verfügung.

(DIHK / ml)