Wissenschaftliche Studie: Online-Kunden schnell zur Preisgabe ihrer Daten bereit

Internet-Nutzer äußern zwar ein starkes Interesse am Schutz ihrer Daten vor Missbrauch, handeln aber nicht danach. Eine vom Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) veröffentlichte Studie weist nach, dass sich Online-Kunden schon durch geringe Preisvorteile zur Offen­le­gung privater Informationen verführen lassen und selbst bei Preis­gleich­heit kein ernsthafter Vergleich von Kaufbedingungen hin­sicht­lich des Datenschutzes stattfindet. Diese Widersprüchlichkeit im Umgang der Nutzer mit sensiblen Daten ist besonders auffällig bei Online-Netzwerken wie Facebook oder StudiVZ. Doch auch beim Einkauf im Internet zeigen sich ähnliche Verhaltensweisen.

Selbst wenn ein anderer Händler das gleiche Produkt kaum teurer oder sogar zum gleichen Preis anbietet, wählen viele Käufer unkritisch denjenigen Anbieter aus, der in größerem Umfang private Daten abfragt. Das ergab ein Verhaltensexperiment von Wirtschaftswissenschaftlern aus Cambridge und Berlin.

Die Teilnehmer der Feldstudie – Studierende der TU Berlin – konnten über die Amazon-Plattform eine DVD bei zwei verschiedenen Online-Anbietern erwerben. Neben den kaufrelevanten Informationen verlangte einer der Anbieter die Angabe weiterer privater Daten wie Geburtsdatum und Einkommen. Die Teilnehmer des Experiments wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Für eine Gruppe war der Preis der DVD bei beiden Anbietern gleich, für die andere bot der „neugierigere“ Verkäufer die Ware um einen Euro günstiger an.

In der Käufergruppe mit Preisunterschied erwarben über 90 % die minimal preiswertere DVD und machten dafür die verlangten Einkommensangaben. Selbst in der Experimentgruppe mit Preisgleichheit wählte rund die Hälfte der Probanden den Anbieter mit dem größeren Datenhunger, obwohl die Online-Plattform einen bequemen Vergleich der jeweiligen Vertragskonditionen gestattete.

Auffällig ist auch, dass – mit wenigen Ausnahmen – die Teilnehmer des Experiments ihre Einkommensverhältnisse zutreffend angaben und keine erfundenen Daten eingaben, obwohl das möglich gewesen wäre – und obwohl sich nach dem Kauf viele Probanden unzufrieden über die Datenneugier des Händlers äußerten. Das beobachtete Verhalten steht damit in erstaunlichem Widerspruch zu der Tatsache, dass 75 % der Teilnehmer erklärtermaßen Wert auf Datenschutz legten und gar 95 % den Schutz ihrer Privatsphäre für elementar erachteten.

Die aktuelle Studie dokumentiert damit erhebliche Schwächen im Verbraucherverhalten bei Online-Einkäufen. Offenbar besteht wenig Bereitschaft, die Kaufbedingungen der Anbieter genauer zu vergleichen, selbst wenn diese Bedingungen völlig transparent dargestellt werden. Dabei spielt nicht allein das Preisargument eine Rolle, sondern eine offenbar noch stark ausgeprägte Naivität gegenüber dem Thema Datenschutz im Alltag.

Die englischsprachige Studie steht als kostenloser Download online zur Verfügung.

(IZA / ml)