Neurowissenschaft: Biosiegel stimuliert Gehirn und reizt so zum Kauf

Was Marketingexperten vage hofften, haben Naturwissenschaftler jetzt knallhart bewiesen: Das 2001 eingeführte Biosiegel wirkt direkt aufs Gehirn. Den Beweis führten Forscher der Universitäten Bonn und Greifswald in einem Experiment mit insgesamt 30 Probanden. Das Logo stimuliert demnach einen Teil des Belohnungssystems im Gehirn, das sogenannte ventrale Striatum. Diese Aktivierung spiegelt sich auch im realen Kaufverhalten wieder: Im Schnitt waren die Teilnehmer bereit, 45 % mehr Geld für Produkte mit dem Siegel zu zahlen.

Die Teilnehmer mussten vor dem Experiment vier Stunden fasten. Dann zeigten die Forscher ihnen Bilder von Brot, Eiern oder Bananen. Jedes Produkt tauchte genau zweimal auf – einmal mit dem Biosiegel, einmal mit einem (fiktiven) Logo für konventionelle Nahrungsmittel. Die ausgehungerten Probanden konnten nun shoppen gehen und das jeweils gezeigte Produkt ersteigern. Die ersteigerten Lebensmittel mussten sie später tatsächlich bezahlen. Ergebnis: Im Schnitt legten die Teilnehmer für Lebensmittel mit dem Biosiegel 45 % mehr Geld auf den Tisch als für konventionelle Produkte.

Während des Experiments registrierten die Forscher zudem mit einem Hirnscanner, welche Gehirnbereiche ihrer Probanden besonders aktiv waren. „Das Biosiegel aktiviert das ventrale Striatum“, fasst der Bonner Neurowissenschaftler Nicolas Linder das Hauptergebnis zusammen. „Diese Region im Gehirn zählt zum sogenannten Belohnungssystem. Sie wird immer dann aktiv, wenn wir eine erstrebenswerte Erfahrung machen.“ Am stärksten fiel diese Aktivierung bei Versuchspersonen aus, die auch im realen Leben häufig zu Bioprodukten greifen.

„Es ist interessant, dass ein abstraktes Logo eine solche Wirkung entfaltet“, wundert sich Dr. Bernd Weber. Weber leitet die Arbeitsgruppe NeuroCognition-Imaging am Bonner Life&Brain Zentrum und ist Vorstandsmitglied des neuen Center for Economics and Neuroscience. „Unsere Studie zeigt nachdrücklich, welch große Bedeutung die Auszeichnung von Produkten auf das Kaufverhalten haben kann.“

(Universität Bonn/ml)