Arbeitsmarktstudie: Gründungen aus Arbeitslosigkeit besser als ihr Ruf

Unternehmensgründungen aus der Arbeitslosigkeit heraus sind viel erfolgreicher als bisher angenommen. Das beweist eine gemein­same Studie des Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin und des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn. Die Wissenschaftler haben herausgefunden, dass vor allem die Motive der Gründer für den unternehmerischen Erfolg entscheidend sind. So sind reine Notgründungen weniger erfolgreich als Gründungen, bei denen weitere Motive vorliegen. Zum Glück gilt Letzteres für die meisten Gründer aus Arbeitslosigkeit. Entsprechend positiv ist die Bilanz dieser Gründergruppe: Sie geben in vielen Fällen nicht nur sich, sondern auch anderen Menschen wieder Arbeit.

In der Wirtschaftspolitik werden Existenzgründungen aus der Arbeitslosigkeit heraus meist als Gründungen zweiter Klasse betrachtet – zu Unrecht, meinen die Wissenschaftler der beiden Institute. „Es ging uns darum, die Debatte zu versachlichen, die gerade in diesem Bereich oft von Vorurteilen dominiert wird“, sagt Alexander Kritikos. Auf Basis einer telefonischen Befragung von vorher arbeitslosen Existenzgründern wurde in dieser Studie der Zusammenhang zwischen unternehmerischem Erfolg und den Gründen für den Schritt in die Selbständigkeit untersucht.

Das Ergebnis: Nur 12 % der Arbeitslosen sind reine Notgründungen. Meistens wäre noch ein zweites Motiv im Spiel, z. B. die Entdeckung einer Marktlücke oder der Wunsch, sein eigener Chef zu sein. Die Studie zeigt darüber hinaus, dass derart mehrfach motivierte Selbstständige erfolgreicher sind als reine Notgründer.

Für den DIW-Experten Kritikos sind die Schlussfolgerungen klar: „Die finanzielle Förderung der Existenzgründung muss auf jeden Fall bestehen bleiben, auch wenn ihre Ausgestaltung an mancher Stelle verbessert werden kann.“ Zusätzlich solle man aber überlegen, die beratende Förderung besser auf unterschiedliche Gründungsmotive einzustellen: „Bisher konzentrieren sich viele Angebote vor allem auf das wirtschaftliche Überleben“, sagt er. „In Zukunft sollte man aber die unterschiedlichen Motive der Gründer besser berücksichtigen und Wege aufzeigen, wie eine den Marktbedürfnissen entsprechende Unternehmensgröße erfolgreich aufgebaut werden kann.“

Nach Einführung der Hartz-Gesetze war die Zahl der Gründungen aus Arbeitslosigkeit von ursprünglich unter 100.000 auf mehr als 350.000 im Jahr 2004 – dem Höhepunkt der Entwicklung – gestiegen. Auslöser waren das Überbrückungsgeld bzw. der Existenzgründerzuschuss. Nach der letzten Reform der Gründungsförderung im Jahr 2006 ist die Zahl wieder auf 150.000 geförderte Gründungen gesunken.

Dabei sind laut Studie gut zwei Drittel der notgegründeten Firmen auch fünf Jahre nach der Gründung noch im Geschäft, nur zehn Prozent der Gründer sind wieder arbeitslos. In bis zu 40 % der Fälle fanden durch die notgegründeten Unternehmen weitere Menschen neue Arbeit.

Die Studie (erschienen im DIW-Wochenbericht 18/2010) steht als kostenloser Download zur Verfügung.

(DIW/ml)