Verbraucherschutzrechte: EU-Gerichtshof stoppt doppelte Kosten bei Widerruf

Einem Verbraucher, der einen Vertragsabschluss im Fernabsatz widerruft und die Ware komplett zurücksendet, dürfen nicht noch zusätzlich die Kosten der Zusendung der Ware auferlegt werden, urteilte gestern der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. In Falle eines Widerrufs dürfen nach EU-Recht nur die Kosten der Rücksendung zulasten des Verbrauchers gehen. Begründung der Richter: Die Bestimmungen der EU-Richtlinie zu den Rechtsfolgen des Widerrufs haben eindeutig zum Ziel, den Verbraucher nicht von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten.Eine Auslegung, nach der es den Mitgliedstaaten erlaubt wäre, zuzulassen, dass im Widerrufsfall die Kosten der Zusendung zulasten dieses Verbrauchers gingen, liefe diesem Ziel zuwider, so die Richter. Im Übrigen stünde eine solche Belastung des Verbrauchers mit den Kosten der Zusendung – zusätzlich zu den unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Ware – einer ausgewogenen Risikoverteilung bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz entgegen

Ausgangspunkt für das gestrige Urteil war eine Klage der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen vor dem deutschen Bundesgerichtshof. Prozessgegner war die Versandhandelsgesellschaft Heinrich Heine, die in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Falle eines Widerrufs eine Kostenbeteiligung des Käufers an den ursprünglichen Versandkosten in Höhe von pauschal 4,95 Euro vorsah. Dies wäre nach deutschem Recht auch zulässig. Die Bundesrichter waren sich jedoch nicht sicher, ob dem nicht die EU-Richtlinie über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz entgegenstünde, und ersuchten den Europäischen Gerichtshof um eine Auslegung der Richtlinie.

In ihrem Urteil vom Donnerstag bestätigen nun die Richter des EuGH, dass die Auferlegung der Zusendekosten laut EU-Richtlinie nicht zulässig ist.

In Reaktion auf das Urteil des EuGH forderte der Bundesverband des Deutschen Versandhandels (bvh) noch am Donnerstagnachmittag eine Reform des Retourenrechts in Deutschland. Für den stellvertretenden Hauptgeschäftsführer Christoph Wenk-Fischer kommt das EuGH-Urteil nicht überraschend. Das Urteil folge der europäischen Fernabsatzrichtlinie in nachvollziehbarer Weise.

Wenk-Fischer befürchtet jedoch, dass durch das Urteil das ausbalancierte deutsche System aus dem Gleichgewicht gerät. Der Gesetzgeber müsse daher das deutsche Rückgaberecht schnell an das Europarecht anpassen, damit Versandunternehmen – wie in den europäischen Nachbarländern – Rücksendekosten berechnen können, „die einem Missbrauch des Retourenrechts in Deutschland vorbeugen.“

(EuGH/bvh/ml)