Finanzkrise verschlechtert Liquidität deutscher Firmen

Die Krise an den weltweiten Finanzmärkten beeinträchtigt jetzt auch die Liquidität deutscher Unternehmen. Anders als in den letzten Jahren sinkt deshalb die Zahl der Unternehmensinsolvenzen 2008 nur noch leicht gegenüber dem Vorjahr. Sie wird nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU) 2008 voraussichtlich auf 28.500 zurückgehen. Unternehmen müssten sich bei ihrer Liquiditätsbeschaffung in den nächsten Monaten wieder auf schwereres Fahrwasser einstellen, warnte BDIU-Präsident Stephan Jender am Donnerstag in Würzburg.

Banken würden die Konditionen noch genauer prüfen, bevor sie einen Kredit bewilligten, und daher müssten Unternehmen ihr Finanzmanagement auf den Prüfstand stellen. „Sollte sich die Krise in den nächsten Monaten verschärfen und gleichzeitig die Konjunktur stärker ins Stocken geraten, wäre deshalb auch wieder mit einem Ansteigen der Unternehmensinsolvenzen zu rechnen“, erklärte Jender weiter.

Auch könnte der bislang positive Trend beim Zahlungsverhalten aufgrund der Finanzkrise bald ein Ende finden, warnte Jender. Zwar berichten in der traditionellen Frühjahrsumfrage des Bundesverbandes Inkasso aktuell noch 81% der befragten Firmen von einer Stabilisierung beziehungsweise sogar einer Verbesserung der Rechnungstreue. Allerdings betrifft dieser positive Trend nicht alle Schuldnergruppen gleichermaßen. So melden immerhin 38% der befragten BDIU-Unternehmen, dass private Schuldner jetzt Rechnungen schlechter begleichen als noch im Herbst 2007 – nur 16% der BDIU-Mitglieder berichten gleichzeitig von einem schlechteren Zahlungsverhalten gewerblicher Schuldner.

Wichtige Gründe, warum private Schuldner Rechnungen aktuell nicht oder zu spät bezahlen, sind laut 83% der Inkassounternehmen Überschuldung sowie Arbeitslosigkeit (78%). Beides sind deshalb auch die zentralen Anlässe, warum die Zahl der Verbraucherinsolvenzen bis Jahresende mit voraussichtlich 125.000 auf einen neuen Rekord steigen wird – fast ein Fünftel mehr als 2007 (105.238). Die jetzt von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries im Bundestag eingebrachten Änderungen beim Verbraucherinsolvenzverfahren werden nach Einschätzung des BDIU noch einmal zu einem kurzfristigen Ansteigen der Verfahren führen. Aber der Zenit bei den privaten Insolvenzen sei bald erreicht. „Bei vermutlich 160.000 bis 170.000 Fällen pro Jahr ist der Höhepunkt“, vermutet Jender.

Wichtiger als rechtliche Änderungen am Verfahren wäre eine Verbesserung der Finanzkompetenz der Verbraucher, mahnt der Verband. Gerade Jugendliche verfügten oft nicht über das notwendige Finanzwissen, um eigenverantwortlich finanzielle Entscheidungen zu treffen. Eine Möglichkeit, dem entgegenzuwirken, sei mehr Schuldenprävention im Schulunterricht.

Mangelnde Finanzkompetenz beschränkt sich aber scheinbar nicht nur auf Privatleute. Problematisch ist nach Angaben der Inkassounternehmen derzeit weiterhin das Zahlungsverhalten der öffentlichen Hand. 93% der BDIU-Unternehmen melden, dass sich die ohnehin schlechte Rechnungstreue insbesondere von Städten und Gemeinden seit dem letzten Herbst nicht verändert habe. Nach Angaben des BDIU fehlen den Kommunen selbst derzeit mindestens 12 Milliarden Euro durch nicht bezahlte Rechnungen.(BDIU/ml) ENGLISH