Erbrechtsänderung tangiert Unternehmensnachfolge

Nicht ohne Auswirkung auf die Unternehmensnachfolge in Familienbetrieben dürfte eine vom Bundesjustizministerium geplante Reform des Erbrechts bleiben, mit dem das so genannte Pflichtteilsrecht (Regelung des Pflichtanteils) modernisiert werden soll. Die Änderungen stellte heute Bundesjustizministerin Brigitte Zypries anlässlich des 2. Deutschen Erbrechtstags in Berlin vor. Im Kern soll die Reform den Kreis der vom Pflichtanteil ausschließbaren Angehörigen erweitern, d.h. das Enterben erleichtern.

Das Pflichtteilsrecht lässt Kinder oder Eltern sowie Ehegatten und den Lebenspartner des Erblassers auch dann am Nachlass teilhaben, wenn sie der Erblasser durch Testament oder Erbvertrag von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen hat. Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils.

Einige Änderungen in Kurzform

  • Ein wesentliches Anliegen der Reform ist die Stärkung der Testierfreiheit des Erblassers, also seines Rechts, durch Verfügung von Todes wegen über seinen Nachlass zu bestimmen. Dementsprechend werden die Gründe überarbeitet, die den Erblasser berechtigen, den Pflichtteil zu entziehen.
  • Die Entziehungsgründe sollen vereinheitlicht werden, indem sie künftig für Abkömmlinge, Eltern und Ehegatten oder Lebenspartner gleichermaßen Anwendung finden. Bislang gelten laut Ministerium Unterschiede, für die es keinen sachlichen Grund gebe.
  • Darüber hinaus sollen künftig alle Personen geschützt werden, die dem Erblasser einem Ehegatten, Lebenspartner oder Kindern vergleichbar nahe stehen, z. B. Stief- und Pflegekinder. Eine Pflichtteilsentziehung soll auch dann möglich sein, wenn der Pflichtteilsberechtigte diesen Personen nach dem Leben trachtet oder sie körperlich schwer misshandelt.
  • Der Entziehungsgrund des „ehrlosen und unsittlichen Lebenswandels“ soll entfallen. Er habe sich als zu unbestimmt erwiesen und rechtfertige nur die Entziehung des Pflichtteils der Abkömmlinge, nicht aber die des Eltern- oder Ehegattenpflichtteils. Stattdessen soll künftig eine rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung zur Entziehung des Pflichtteils berechtigen, wenn es dem Erblassers unzumutbar ist, dem Verurteilten seinen Pflichtteil zu belassen. Gleiches soll bei Straftaten gelten, die im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen wurden.
  • Besteht das Vermögen des Erblassers im Wesentlichen aus einem Eigenheim oder einem Unternehmen, müssen die Erben diese Vermögenswerte oft nach dem Tod des Erblassers verkaufen, um den Pflichtteil auszahlen zu können. Lösung bietet hier die bereits geltende Stundungsregelung, die jedoch derzeit sehr eng ausgestaltet und nur dem pflichtteilsberechtigten Erben (insbes. Abkömmling, Ehegatte) eröffnet ist. Mit der Reform soll die Stundung unter erleichterten Voraussetzungen und für jeden Erben durchsetzbar sein.
  • Die Ausschlussfrist für Pflichtteilsergänzungsansprüche (wenn der Erblasser Vermögenswerte an eine dritte Person verschenkt und dadurch den Nachlass verringert hat) wird flexibler. Die Reform sieht vor, dass die Schenkung für die Pflichtteilsberechnung graduell immer weniger Berücksichtigung findet, je länger sie zurück liegt: Eine Schenkung im ersten Jahr vor dem Erbfall wird demnach voll in die Berechnung des Nachlasses einbezogen, im zweiten Jahr jedoch nur noch zu 9/10, im dritten Jahr zu 8/10 usw. berücksichtigt. Damit wird sowohl dem Erben als auch dem Beschenkten mehr Planungssicherheit eingeräumt.

Die Höhe des Pflichtteils bleibt übrigens vom Reformvorschlag unberührt. Zudem handelt es sich derzeit lediglich um einen Referentenentwurf, der als nächstes intern in den Ressorts im Bundesministerium abgestimmt wird. (BMJ/ml)